Bubi-Scholz-Story Kritik

DIE BUBI-SCHOLZ-STORY“ von Roland Suso Richter (D 1998; 205 Minuten; TV-Erstausstrahlung: 29.12.1998; Video-Veröffentlichung: 07.01.1999)

Eigentlich ist es ja eine “amerikanische Geschichte“, denn sie behandelt all das, was man als “den amerikanischen Traum“ kennt: Vom Tellerwäscher zum Millionär beziehungsweise hier: Vom Prolo-Buben zum Meister-Boxer und Gesellschafts-Liebling. Ein Berliner Junge aus einfachem Haus strebt nach dem Zweiten Weltkrieg nach oben. Er hat sich für den Faustkampf entschieden, will ein berühmter Fighter werden.

Wegen seiner schmächtigen Erscheinung nennen sie ihn BUBI, den 1930 im Berliner Arbeiterviertel Prenzlauer Berg geborenen Gustav Scholz. Der mit 17 den ersten Box-Unterricht nimmt und bereits 4 Jahre später Deutscher Weltgewichtsmeister wird. BUBI wird zum Liebling des Publikums und der Boulevardpresse: Das Nachkriegs-Berlin und das Wirtschaftswunder-Deutschland haben einen neuen Favoriten. Und der schöne Bubi bleibt auf der Gewinnerstrecke. Findet privat seine Helga und ist im Ring nicht aufzuhalten. Doch dann passiert in der noch jungen Karriere des Boxers der erste wirkliche Tiefschlag: 1953 entdecken die Ärzte bei Bubi Scholz eine schwere Lungentuberkulose.

Zwei Jahre braucht der Kämpfer, um wieder mitschlagen zu
können: Sieger nach K.O./die Deutsche Meisterschaft im Mittelgewicht. “Bubi“ ist wieder da. Der populäre Strahlemann ist nicht mehr kleinzukriegen. Dann: Der unvergessene 4. Oktober 1958. Ort: Das Berliner Olympiastadion: Der Kampf um die Europameisterschaft im Mittelgewicht zwischen dem französischen Titelträger Charles Humez und dem erwachsenen Jungen vom Prenzelberg. Bubi gewinnt den Titel.

In 96 Kämpfen verliert Bubi Scholz nur zweimal nach Punkten. Vielfacher
Deutscher Meister, zweifacher Europameister. Einen Kampf um die
Weltmeisterschaft verliert er im Juni 1962 knapp nach Punkten, drei Jahre
später hört er mit dem Boxen auf und betätigt sich fortan als
Unternehmer. Mit dem “normalen“ Dasein aber kommt der einst so kühle Taktiker nicht klar. Es beginnt der verhängnisvolle Kreislauf von Alkohol und Tabletten; mit Gesundheitsproblemen und Identitätsschwierigkeiten. Das bislang so erfolgreiche Leben des nun aus den großen Schlagzeilen geratenen Gustav Scholz nimmt eine tragische Wende, als er 1984 im Rausch seine Frau Helga zuhause erschießt. 3 Jahre Gefängnis urteilt das Gericht. Hier setzt der Film “Die Bubi-Scholz-Story“ von Autor Uwe Timm und Regisseur Roland Suso Richter an: Der alte, gezeichnete Boxer im Gefängnis und seine Erinnerungen. Deutschlands bester und wandlungsfähigster Schauspieler GÖTZ GEORGE spielt ihn mit fesselnder Dichte und Nähe.

Dass die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Gustav “Bubi“ Scholz nicht nur eine private ist, sondern sehr wohl im Zusammenhang der Entwicklung Deutschlands in der Nachkriegszeit zu betrachten ist, begründete der Produzent des Films Dr. Günter Rohrbach in einem Interview.

Ein spannendes Stück Fernsehen in bester Kino-Qualität. Dramaturgisch überzeugend, atmosphärisch beeindruckend, liebevoll wie akribisch in der Ausstattung und darstellerisch hervorragend als Ensemblearbeit sowie mit dem führenden schnoddrigen Berliner Charme von Benno Führmann, dem jungen Bubi. “Die Bubi-Scholz-Story“ der ARD ist d a s TV-Ereignis zum Jahreswechsel.

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