BEGABT – DIE GLEICHUNG EINES LEBENS

PÖNIs: (4/5)

„BEGABT – DIE GLEICHUNG EINES LEBENS“ von Marc Webb (USA 2015; B: Tom Flynn; K: Stuart Dryburgh; M: Rob Simonsen; 101 Minuten; deutscher Kino-Start: 13.07.2017); dass er sich mit kleinen, aber feinen Dramen auskennt, bewies der heute 42-jährige Regisseur MARC WEBB 2009 mit seinem Debütfilm „(500) Days of Summer“(s. Kino-KRITIK). Nach diesem furiosen Start wurden ihm danach die beiden Spektakel „The Amazing Spider-Man“ (2012) sowie „The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro“ (2014) – erfolgreich – anvertraut.

Nun hat er mit seinem vierten Kino-Spielfilm erneut ein kleines, aber außerordentlich feines, sprich hoch-emotionales schönes Unterhaltungsstück geschaffen. Originaltitel: „Gifted“, also „Begabt“. Im faszinierenden Blick- und Mittelpunkt: Die lebhafte, aufgeweckte siebenjährige Mary, gespielt von einem unglaublichen tollen kleinen Talent namens MCKENNA GRACE. Die mit ihrer liebenswerten Unschuldsart, ihrem lebendigen Wesen, ihrer unaufgeregten, nicht altklugen Intelligenz, ihrem fantastisch-körpersprachlichen Spiel alle überragt. Ihre Mary ist ein Mathematik-Genie. Die ihre Klassenlehrerin bereits am ersten Schultag mit der schnellen Kopf-Lösung für 57 mal 135 verblüfft. Offensichtlich ist dies das Erbe ihrer hochintelligenten verstorbenen Mutter, deren Bruder Frank Adler (CHRIS EVANS) jetzt die Kleine in Florida großzieht. In eher bescheidenen Verhältnissen und mit großzügiger Unterstützung von Nachbarin Roberta („Oscar“-Preisträgerin OCTAVIA SPENCER/“The Help“/2012; neulich überragend und „Oscar“-Nominierung für eine der „Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen“). Frank ist gegen eine „spezielle“ = Begabten-Schule für Mary, will sie „normal“ aufwachsen sehen. Seine wohlhabende Mutter Evelyn dagegen (LINDSAY DUNCAN) will unbedingt diese außergewöhnliche Mathe-Begabung ihrer Enkelin ab sofort besonders gefördert wissen. Was Frank auf die Palme bringt; er lehnt es ab, dass aus seiner kleinen (geliebten) „Tochter“ schon früh ein vielbestaunter „Freak“ wird. „Sie soll in kein Hamsterrad“, wie er es nennt. Eine – dann auch juristische – Auseinandersetzung um das Kindes-Wohl startet. Mittendrin: dieses zauberhafte kleine Wesen mit seinem unverwechselbaren Charme und diesen Einfach-Zum-Gerne-Haben-Auftritten.

MCKENNA GRACE, Jahrgang 2006, muss man sehen. Erleben. Aufnehmen. Genießen. Dermaßen unbeschwert vor einer Kamera in diesem Alter zu stehen und sich unbekümmert dermaßen ausdrucksstark, also gefühlvoll ohne Kitsch, zu bewähren, ist einfach brillant. Zudem stellt der wunderbare kleine Film auch interessante Gesellschaftsfragen: Lieber absondern, früh von der Familie trennen, um dafür ein Genie (und gewiss: Sonderling) „herauszubringen“? Oder lieber „trotzdem“ einen so riesigen Zahlen-Geist „normal“ aufwachsen und mit Gleichaltrigen sozialisieren lassen?

Der Dialogreichtum besticht und eben: diese „Kleine“ ist eine volle Empfindungs- und Denk-Wucht. „Begabt – Die Gleichung eines Lebens“ ist ein vorzüglicher Film, der mit Sicherheit in dieser Kino-Woche gegen das aktuelle  „Spider-Man: Homecoming“-Geschreie eigentlich keine Publikumschance hat: Doch diese vermeintliche No-Chance könnte man auch nutzen – und sich einen Independent-Film anschauen, der mit leisen Tönen rührend berstet (= 4 PÖNIs).

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