Barney’ s Version Kritik

BARNEY’ S VERSION“ von Richard C. Lewis (Kanada/Italien 2010; 134 Minuten; Start D: 14.07.2011); ist ein kanadischer TV-(Serien-)Regisseur, der hin und wieder auch für das Kino arbeitet („Whale Music“/1994; „Mein Partner mit der kalten Schnauze 3“/2002). Hier nun adaptierte er den gleichnamigen, 1997 veröffentlichten Roman des kanadischen Schriftstellers MORDECAI RICHLER (27.1.1931 – 3.7.2001), der bei uns „Wie Barney es sieht“ hieß. Darin geht es um einen Lebens-Hallodri und seine vier Jahrzehnte umfassende „fröhliche Beichte“. Mit drei Ehen, auf zwei Kontinenten und einer GANZ großen Liebe, die er erst „hinkriegt“ und dann aber auch „verdaddelt“. Dabei springt der komödiantenhafte Streifen in den Zeiten herum: Enthüllungshäppchen hier, ausschweifendes Lust-Dasein dort. „Dolce Vita“ in Rom, private Turbulenzen zuhauf, die beliebten Whiskey-Orgien in der Heimat. Zweithochzeit, und ausgerechnet dort lernt er SIE kennen. Miriam (ROSAMUND PIKE). DIE Frau für seinen Kosmos.

Also baggert er künftig, frisch vermählt, an seiner nunmehr einzigen, phänomenalen, wahren Liebe. Finanziell unabhängig, denn als Produzent von billigen TV-Sitcoms verdient er mächtig. Doch immer wieder „inspirieren ihn“ zuviel Alkohol, zu viele Frauen und auch sein stets „dazwischenknatternder“ Ex-Polizisten-Dad, ein völlig neurotischer wie verschmitzter orthodoxer “Kampf“- und Trink-Jude, der die antisemitischen Attacken seiner Kollegen stets „offensiv“ „entgegengenommen“ und selbstbewusst pariert hat.. Als „konsequenter“ Ratgeber (DUSTIN HOFFMAN mit „Dirty Harry“-Charme) „schiebt“ er seinen Sohn gerne „voran“. Damit scheint es bei Barney endlich „zu klappen“. Nach Jahren der Höhen, Tiefen, Zweifel, Besäufnisse und einem immer „konsequenten Ich“ geht es endlich über die Ziellinie. Heim, Frau. Familie. Der Sinn. Die Besinnung. Doch Barney stoppt nicht ab. Läuft weiter…

Der Mann, ein Kind-Kerl. Forever. Nie „richtig“ erwachsen. Immer auf der Probierspur. Ob es sich „nebenan“ nicht auch lohnt, mal „herumzubuddeln“. Regeln, Konventionen auch dort auszutricksen. Der typische Roman-Schmöker. Über einen Unbeherrschten. Ungenormten. Unangepassten. Mit viel Gemüt. Und beginnendem Alzheimer.
„Barney’ s Version“ trägt EINER. Wir kennen ihn schon lange, er ist so ein brillanter Philip Seymour Hoffman-Eigentyp. Dem man gerne folgt, was immer er auf der Leinwand auch anstellt. Ob als irrer Kotzbrocken, ob als wuseliger Charmeur. Mal Alphatier, mal Fußabtreter in Nebenparts: PAUL GIAMATTI aus New Haven in Connecticut, wo er am 6. Juni 1967 geboren wurde. Über seine Auftritte in Filmen wie „Shoot `Em Up“ (= Sau), „The Illusionist“ (= Opportunist/bei uns auf DVD erschienen), „Das Comeback“ (= Helfer für Russell Crowe/“Oscar“-Nominierung), natürlich „Sideways“ (= Weinkenner) hat er sich auch bei uns einen Qualitätsprofil geschaffen. Als erstklassiger Charakter-Mime.

Für seine fiebrige, aufmüpfige, liebenswert-unruhige, faszinierend-„unordentliche“ Darstellung des Barney bekam er im Frühjahr den „Golden Globe“ als „Bester Darsteller“ im Bereich „Komödie“. Bald wird er garantiert auch auf dem „Oscar“-Podest stehen. Denn WIE er hier diesen hippen, unzuverlässigen, skurrilen Versager-Clown präsentiert, ist gedanklich, mit diesen piksigen, satirischen Zwischentönen, erstklassig angesetzt. Man muss den Film in all seiner Unorganisation, Weiß-nicht-wohin-Mentalität und seiner thematischen Sprunghaftigkeit nicht unbedingt mögen: Von IHM, kann man aber gar nicht genug verblüffendes Lästern und schelmischen Spaß auffangen: PAUL GIAMATTI. Sein Barney ist eine pfundige Hymne an das lustvolle Scheitern. Im Volldampf-Leben (= 3 PÖNIs).

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