AM GRÜNEN RAND DER WELT

PÖNIs: (3/5)

„AM GRÜNEN RAND DER WELT“ von Thomas Vinterberg (GB 2013/2014; B: David Nicholls; nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Hardy/1874; K: Charlotte Bruus Christensen; M: Craig Armstrong; 119 Minuten; deutscher Kino-Start: 16.07.2015); ist die erste Regie-Auftragsarbeit des dänischen Filmemachers („Die Jagd“; s. Kino-KRITIK) und Mitbegründers der einstigen „Dogma 95“-Bewegung, des heute 46-jährigen THOMAS VINTERBERGs. Für seinen aktuellen Film adaptierte er den 1874 veröffentlichten vierten Roman des englischen Schriftstellers Thomas Hardy (*1840 – †1928), einst dessen erster größerer literarischer Erfolg. Der Roman wurde seit 1915 schon mehrfach verfilmt, zuletzt 1967 unter dem Titel „Die Herrin von Thornhill“ von John Schlesinger, mit Julie Christie als Bathsheba Everdene.

Die eine Verwandte von Scarlett O’Hara aus dem Roman „Vom Winde verweht“ von Margaret Mitchell bzw. dem Film von Victor Fleming sein könnte. Anno 1870 im viktorianischen Britannien. Wir befinden uns im landschaftlich einzigartigen Süden des Landes, in Dorset. Bathsheba (CAREY MULLIGAN) ist eine selbstbewusste, willensstarke Farm-Erbin, um die drei sehr unterschiedliche Männer werben: Der nach einem tragischen Missgeschick mittellos gewordene Schäfer Gabriel Oak (MATTHIAS SCHOENARTS) aus der Nachbarschaft, der ihr schon öfters auf dem Hof geholfen hat; der wohlhabende Nachbar William Boldwood (MICHAEL SHEEN), der den „ökonomischen Gewinn“ einer Ehe mit ihr durchaus auch im Blick hat; sowie der „flotte Offizier“ Francis Troy (TOM STURRIDGE), ein eher peinlichen Don Juan-Verschnitt. Natürlich entscheidet das sonst so intelligente, praktische, von sich selbst überzeugte Mädel intuitiv-emotional und setzt auf den Total-Falschen. Diesen Luftikus von Soldaten. Francis. Was natürlich für schwerwiegende wie schicksalhafte Folgen sorgt.

Heute würde man sie als „Powerfrau“ oder „Karriereweib“ bezeichnen. Diese Bathsheba. Die sich nichts vormachen lässt, praktisch, aber gefühlsmäßig, bei der Wahl ihres Lebenspartners, völlig danebenliegt. Sich von „inneren Strömungen“ leiten lässt, die sich als völlig irrational, also verheerend erweisen sollen. Eine starke Frau muss viele – unglückliche – Umwege gehen, bevor sie in ihrem Gefühlsleben endlich „richtig“ ankommt.

Mit Kitsch à la Rosamunde Pilcher hat „Am grünen Rand der Welt“ nichts zu tun. Thomas Vinterberg inszeniert die große britische Opern-Landschaft als brillante Naturbeschreibung, ein farbenprächtiger Augenschmaus, und diese kluge Lady mit dem plumpen Kerle-Geschmack mittendrin. In einer pikanten, stimmungsprächtigen Kostüm-Ballade. Mit den bekannten Zutaten von Katastrophen, fast untergehendem Ernte-Land, symbolischen Bewegungen und zweideutigen Gesprächen. Fatalen Entscheidungen.

Eine opulente Schwelgerei, ausgestattet mit einem vorzüglichen männlichen Ensemble-Trio, das gefordert wird von der 28-jährigen CAREY MULLIGAN (2009 „Oscar“-nominiert für ihren Auftritt in „An Education“), hinter der neulich auch Leonardo DiCaprio als und in „Der große Gatsby“ her war. Bildete sie dort schon die frauliche Film-Schwachstelle, wirkt sie auch hier mehr „Schnuten“-besetzt, denn wahrhaft. Ihr Ausdruck besitzt bzw. verliert sich in einem „Model“-Gesicht. Mit allen oberflächlichen Facetten. Ein bisschen leidend, dann „die Härte“ simpel-robust ausdrückend, dann die naiv-lächelnde Mädchen-Frau mit Bissig-Appeal, die „gezähmt“ werden will. Vom gespaltenen, vielschichtigen, eigenwilligen Bathsheba-Charakter, wie er im Roman von Thomas Hardy beschrieben und einst von Julie Christie als „Die Herrin von Thornhill“ so ahnungsvoll-kompakt-faszinierend umgesetzt wurde, ist Carey Mulligan ein vielfaches Tiefen-Stück entfernt.

Deshalb revidiert sich dieses außen so glänzende und innerlich etwas mühselige Frauen-Drama letztlich auf immerhin noch mittelprächtig-unterhaltsame: 3 PÖNIs.

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